Heute morgen war ich in Floresville, bei einem Rücken- und Schmerzspezialisten, den mir mein Orthopäde in San Antonio empfohlen hatte. Ich will nämlich hier für meinen Rücken die Behandlung fortsetzen, die wir schon in Deutschland bei Dr. Buhr angefangen hatten, aber aus Zeitmangel – mein Aufenthalt ging zu Ende – nicht beenden konnten: Spritzen [möglicherweise unter Röntgenkontrolle nahe an die Wirbelsäule]. Mal sehen, ob Dr. Alvarado das hier genauso macht. Apropos Dr. Alvarado: er scheint kompetent zu sein und ist sympathisch – was ja immer etwas ausmacht im Verhältnis Partient – Arzt. Jetzt habe ich einen Termin am kommenden Freitag in seiner Praxis in San Antonio. Die Behandlung hier vor Ort im Krankenhaus wäre – wie er sagte – erheblich teurer.
Apropos teuer: die Preisgestaltung hier ist für uns Deutsche doch manchmal seltsam. Wenn man direkt den vollen Betrag zahlt, bekommt man Rabatt, manchmal gar nicht unerheblich! Und wenn man nicht direkt alles zahlt, wird einem sofort eine Ratenzahlung angeboten, und das ohne Aufpreis und ohne Zinsen. Andere Länder haben bekanntlich andere Sitten. Übrigens, $150 für ein etwa 10-minütiges Beratungsgespräch heute war eigentlich ein ziemlich stolzer Preis – auch wenn es am Ende Medikamente gratis [Arztmuster] gab.
Die Untersuchungen bei Dr. Alvarado und bei Dr. Joshi [das ist der Orthopäde in San Antonio] waren übrigens etwas oberflächlicher als ich es von Dr. Buhr gewohnt bin. Hier verlassen sie sich mehr – im Grunde genommen (fast) ausschließlich – auf die Technik, d.h. in meinem Fall auf ein MRT. Eine Untersuchung sozusagen „von Hand“ gab es bei Dr. Alvarado gar nicht und bei Dr. Joshi nur in der Form, dass ich beim ersten Praxisbesuch einmal meine Zehen gegen seine Hand pressen musste. Finde ich nicht besonders viel. Aber die Diagnose ist wohl ok. Mal sehen, was die Behandlung dann bringt.
Was das „Untersuchen per Hand“ angeht: da tut meine Physiotherapeutin hier erheblich mehr. Sie hat sich – und das nicht nur einmal – einen eingehenden Überblick verschafft über meinen Rücken und meine Hüfte. Und das alles mit Anschauen und Fühlen. Mein Eindruck ist, dass sie über eine wirklich große Erfahrung verfügt. Und das Ergebnis der Behandlung spricht für sich: durch eine ziemlich konventionelle Therapie [Reizstrom, Wärme, Ultraschall, Stretching und Massage] hat sich mein Rücken ganz enorm gebessert.
Weiteres zum Gesundheitswesen bzw. zu den Ärzten hier: es ist (relativ) einfach, einen Termin zu bekommen, auch bei Spezialisten. Bei mir ist es natürlich von Vorteil, dass ich als Selbstzahler ungebunden und daher frei in der Arztwahl bin, während Mary immer erst nachschauen muss, ob der jeweilige Arzt mit ihrer Kasse einen Vertrag hat. Ansonsten würde die Kasse Nichts ersetzen. Die Qualität der Ärzte ist ganz unterschiedlich, aber das ist ja wohl bei uns nicht anders. Dr. Ramirez – unser Allgemeinarzt hier vor Ort – ist ein lieber, netter und sympathischer Kerl, aber vertrauen tue ich ihm nur für „einfache und allgemeine Wehwehchen“. Bei ernsteren Sachen ist er mir zu oberflächlich und wartet zu lange, ehe er an einen Spezialisten überweist. Aber er ist und bleibt eben die erste Anlaufstelle vor Ort. Ebenfalls nicht zufrieden war ich mit dem Dermatologen. Noch oberflächlicher kann eine Untersuchung kaum ausfallen: nur mal eben von oben bis unten angeschaut – ohne näher ranzugehen, ohne Lupe und erst Recht ohne Dokumentation per Digitalfoto. Das war mir dann nun doch – insbesondere bei der Menge meiner Pigmentflecken, von denen eine ganze Reihe nun doch deutliche und eingehende Beobachtung verlangen – ganz erheblich zu wenig. Und so haben wir uns dann bei einem anderen Dermatologen angemeldet, der einen exzellenten Ruf hat. Mal sehen, wie das wird. Mein Dermatologe in Bonn, Dr. Manske, hatte mich ja schon vorgewarnt, dass die Dermatologie in Amerika nicht unbedingt „das Gelbe vom Ei“ sei.
Was auch noch ganz anders ist als zuhause in Deutschland: hier reisen die Ärzte über’s Land. Dr. Alvarado z.B. hat seine Praxis in San Antonio, kommt aber zweimal pro Monat nach Floresville. Da hat er dann im Krankenhaus ein paar Räume zur Verfügung. Ebenso kommt der Urologe aus Seguin [ca. 75 Meilen entfernt], wo er seine Praxis hat, einmal pro Monat hier nach Kenedy ins Krankenhaus. Das ist natürlich ganz praktisch, denn es erspart bei einen so großen und dünn besiedelten Staat wie Texas weite Fahrten.
Pingback: Thursday Throwback | Pit's Fritztown News
Pingback: Thursday’s Retrospective | Pit's Fritztown News
Sehr interessant, wie unterschiedlich doch so manches ist. Aber gute und „schlechte“ bzw. oberflächliche Ärzte gibt es ja wohl überall. Bei uns ja leider auch. Ich kenne so viele Leute, denen bei bestimmten „Wehwechen“ oft erst beim 4., 5. oder 6. Arzt geholfen wurde. Und auch bei uns ist es so, dass viele oft schon „privat“ – auch ohne Zusatzversicherung – zu Fachärzten gehen, wenn sie mit der Diagnostizierung bzw. der Behandlung bei „Kassenärzten“ nicht zufrieden sind.
Doch ich denke, man kann nicht alle „Kassenärzte“ verteufeln. Die Krankenkassen müssen alle sparen, es gibt dadurch zu wenige Fachärzte. Es dauert oft 2 – 3 Monate oder mehr, bis man einen Termin bekommt und auch dann hat man oft noch Wartezeiten. Die Ärzte haben alle einfach zu viele Patientin und zu wenig Zeit, um sich mit ihnen eingehend zu beschäftigen.
Leider.
lg Gabi
Hallo Gabi,
danke für’s Vorbeischauen. Mein bisheriger Eindruck vom Gesundheitswesen hier ist durchaus negativ. Es ist eines der teuersten weltweit, aber dennoch eines der ineffizientesten. Es gibt zwar einige wenige weltweit führende Kliniken [z.B. Mayo oder Johns Hopkins], aber die Normalversorgung ist schecht und gute Diagnostiker sind Mangelware. Einerseits verlässt man sich mehr auf die technink [Röntgen, MRT etc.], statt selber „Hand anzulegen“, aber andererseits sind auch moderne technische Diagnosemethoden [insbesondxere in der Dermatologie] hierzulande völlig unbekannt. Und auch so etwas ganz Einfaches wie ein 24-Stunden-Blutdruckmessgerät – bei uns in Deutschland Gang und Gäbe – kennt hier noch nicht einmal der Kardiologe.
Es bleibt eben dabei: ich hoffe, dass ich im Normalfall einmal pro Jahr nach Deutschland kommen kann. Und das werde ich dann auch immer für Arztbesuche nutzen.
Liebe Grüße aus dem südlichen Texas,
Pit
P.S.: Auch meine urologische Untersuchung hier war so oberflächlich, dass ich mir überlege, ob ich überhaupt wieder hingehen soll. Ein sicheres Gefühl habe ich eben nicht danach. Eigentlich ist nur meine Augenärztin auf einem wirklich mit Deutschland vergleichbaren Standard.